„Ich strebe Perfektion sowohl beim Denken als auch bei der Umsetzung an.“

Der renommierte Architekt Valerio Olgiati lebt im Winter in Flims (GR) und im Sommer in seiner „Villa Além“ in der portugiesischen Region Alentejo. Im Interview erzählt er, warum seine Architektur radikaler geworden ist und welche Werte ihn als Botschafter für V-ZUG mit dem Schweizer Küchengeräte-Hersteller verbinden.

NZZ Content Creation: „Herr Olgiati, was macht gute Architektur aus?“

Valerio Olgiati: „Gute Architektur tritt mit dem Menschen in einen emotionalen Dialog und geht weit über das Funktionale hinaus. Es ist die Seele eines Gebäudes, die gute Architektur ausmacht.“

„Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben?“

„Stile sind mir egal. Ich will mit meiner Architektur eine zeitlose Architektur schaffen. Mit Stil schafft man Erinnerungswelten und erzählt Geschichten. Das ist jedoch nicht meine Absicht. Ich will, dass meine Architektur erlebbar ist und Gefühle auslöst. Es soll den Menschen ein spürbares Räumlichkeitsgefühl vermitteln. Vielleicht sogar ein Urgefühl.“

„Und wie schaffen Sie die Voraussetzungen für dieses „Urgefühl“?“

„Ich setze die Dinge so zusammen, dass sie sich perfekt zusammenfügen und die Kreativität der Menschen wecken. Das ist das Handwerk eines Architekten und hat mit Vorstellungskraft zu tun.“

„Geschieht das vor allem über Farben, Materialien und Oberflächen?“

„Ja, das spielt sicher alles eine Rolle. Aber es funktioniert auch über die Proportionen, die Helligkeit und die Akustik. Wenn ich einen Raum plane, denke ich vor allem an die Menschen, die diesen Raum später wahrnehmen und spüren werden. Wenn man in einem Raum Geborgenheit und Sicherheit spüren soll, überlege ich mir: Wo werden die Menschen sitzen und wo werden sie sich bewegen? Wo öffnet sich der Raum?“

Der Bündner Valerio Olgiati (64) zählt zu den renommiertesten Schweizer Architekten. Mit seiner minimalistischen und radikalen Architektur hat er sich weltweit einen Namen gemacht. Zu seinen bekanntesten Bauten zählen das Gelbe Haus in Flims, das Nationalparkzentrum in Zernez und die Villa Além in Portugal, die Valerio Olgiati und seiner Frau Tamara heute als Zweitwohnsitz dient. Für seine wegweisenden Bauten wurde Olgiati mehrfach ausgezeichnet.

„Was muss man beachten, damit ein Raum Geborgenheit ausstrahlt?“

„Wenn ich in einem Raum sitze, der vor und hinter mir Fenster hat, kann kein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit aufkommen. Es kann sogar so sein, dass man sich exponiert und unwohl fühlt, obwohl dieser Raum auf einem Foto zunächst sehr ansprechend aussieht. Ich finde, dass beispielsweise ein Schlafzimmer einen beschützenden Charakter haben muss. Das kann man unter anderem durch die Anordnung der Fenster erreichen, aber auch durch die Lage des Schlafzimmers im Haus oder sogar durch dessen Lage auf dem Grundstück. Vielleicht liegt es beschützt am Ende eines Ganges oder in einer Nische, die sich mit einer Aussicht auf eine Achse öffnet.“

„Wie sind Sie beim Bau Ihres Hauses in Portugal vorgegangen, damit man sich in seinen Räumen geborgen und geschützt fühlt?“

„In einem Haus will man ja einerseits Räume haben, in denen man sich beschützt fühlt, aber andererseits auch welche, in denen man exponierter ist. In unserem Haus aus Beton habe ich jedem Raum seinen ureigenen Ausdruck verliehen. Das Wohnzimmer liegt beispielsweise als quadratischer Raum im Zentrum der gesamten Anlage und öffnet sich mit einem einzigen Fenster zur weiten Landschaft. Es ist sozusagen die zentrale Piazza, auf der man sich trifft. Alle anderen Räume sich drumherum angeordnet.“

„Hat Beton nicht etwas Brutales und Kaltes an sich?“

„Alle, die uns besuchen, finden unser Wohnzimmer gemütlich und sind überrascht. Schließlich hat jeder und jede Respekt vor Beton – und in unserem Haus ist alles – die Wände, Decken und Böden – aus Sichtbeton. Gemütlichkeit entsteht immer aus der Art des Raums, aus seiner Lage und seiner Beleuchtung. In unserem Haus schaut man aus einem Wohnzimmer mit gedämpftem Licht in den beleuchteten Garten.“

„Ich füge die Dinge so zusammen, dass sie die Kreativität der Menschen wecken. Das ist das Handwerk eines Architekten und hat mit Vorstellungskraft zu tun.“

„Warum arbeiten Sie so gerne mit Beton?“

„Beton ist für mich das Werkzeug, mit dem ich alle Komponenten eines Gebäudes erschaffen kann. Damit kann ich ein klares und ansprechendes Ganzes schaffen. Dafür muss man jedoch wissen, wie man richtig mit diesem Material umgeht. Die meiste Betonarchitektur finde ich unschön oder sogar abstoßend. In solchen Gebäuden würde ich nicht leben wollen.“

„Welche Rolle spielt Ihre Küche im ganzen Konstrukt?“

„Als ich unsere Küche plante, dachte ich an eine Art Garage – einen zwanglosen Raum, der sich zum Garten hin öffnet. In der Mitte gibt es eine Arbeitsinsel, um die wir oft gemeinsam herumstehen.“

„Würden Sie, sofern es möglich ist, eine Küche immer mit einer Arbeitsinsel konzipieren?“

„Ja, absolut. Ich finde es einfach schön, wenn man zusammen um eine Arbeitsinsel herumstehen, das Essen vorbereiten, kochen und vielleicht etwas trinken kann. Wenn eine Kücheninsel vom Platz her realisierbar ist, ist sie für mich immer die beste Wahl. Man kann aber auch gut zusammen in einer Küche kochen, die an einer Wand steht. Da muss dann aber alles so angeordnet sein, dass man sich nicht ständig in die Quere kommt.“

„Sind Küchen schwierig zu planen, weil sie vor allem funktionieren müssen?“

„Nein, zumindest nicht schwieriger als Häuser, die auch in jeder Hinsicht funktionieren müssen. Ich entwerfe gerne Küchen, weil ich selbst gerne koche. Für meine Frau und mich ist das gemeinsame Kochen eine gute Möglichkeit, um abzuschalten.“

„Wie wichtig war Nachhaltigkeit beim Bau Ihrer Villa?“

„Wir produzieren unseren eigenen Solarstrom, mit dem wir unser Haus im Winter auch beheizen. Zudem ist das Haus so gebaut, dass es sich im Sommer nicht allzu stark aufheizt. Wir haben beschattete Wände und ein ausgeklügeltes Lüftungssystem. Es wird drinnen nie wärmer als 25 Grad. Daher brauchen wir auch keine Klimaanlage.“

„Beton ist für mich das Werkzeug, mit dem ich alle Komponenten eines Gebäudes erschaffen kann. Damit kann ich ein klares und ansprechendes Ganzes schaffen.“

„Wie lassen Sie sich auf fremde Kulturen ein, wenn Sie ein Projekt im Ausland realisieren?“

„Als Architekt kann man auf verschiedene Arten auf eine Umgebung reagieren. Es gibt Architekten, die sich an Stilmerkmale der lokalen Architektur anlehnen oder ortsübliche Gebäudetypen übernehmen. Das ist aber nicht mein Ding. Mich interessiert vielmehr die physische Präsenz der Umgebung oder der Landschaft. Schließlich bin ich kein portugiesischer Landwirt, sodass es keinen Sinn macht, wenn ich mich mit dem typischen Baustil eines Bauernhauses umgeben oder versuchen würde, ein Haus wie ein Bauer zu bewohnen. Die Bauern hier leben ja auch nicht wie Touristen, die am liebsten in der Badehose am Pool liegen.“

„Wie sehen denn Ihr Lebensstil und Ihr Tagesablauf aus?“

„Meine Frau und ich leben und arbeiten hier vielleicht fünf Monate im Jahr und führen unser Büro in Flims aus der Ferne. Ab und zu gehen wir ans Meer oder springen in den Pool. Und wir arbeiten oft im Garten.“

„Beeinflussen die extrem reduzierte Architektur, die Einsamkeit und die leeren Betonwände um Sie herum auch Ihr kreatives Schaffen?“

„Ja, man ist hier definitiv weniger abgelenkt und hat viel Zeit, Dinge endlos zu überdenken. Seit wir dieses Haus haben, ist meine Architektur entschlossener und radikaler geworden.“

„Haben Sie an diesem Ort nur als Architekt oder auch als Mensch mehr zu sich selbst gefunden?“

„Dieser Ort hinterlässt in jeder Beziehung Spuren. Hier laufen die Uhren einfach anders. Wenn wir jeweils nach Monaten hierher zurückkehren, brauche ich jedes Mal gut zwei Wochen, um mich an die ruhige Lebensart zu gewöhnen. Man sitzt nicht in einem Boot, das einen von alleine irgendwohin trägt, sondern man muss selbst schauen, dass man nicht stillsteht. Man ist gezwungen, sich über sich selbst Gedanken zu machen.“

„Wie erleben Sie hier die Jahreszeiten?“

„Sehr intensiv! Im Sommer fühlt es sich an wie in Nordafrika und im Winter wie in Schottland – ein großartiger Kontrast.“

„Wie integriert sind Sie in Portugal? Sie können doch als Bündner bestimmt Romanisch sprechen und verstehen daher auch ein bisschen Portugiesisch?“

„Meine Frau spricht mittlerweile Portugiesisch, aber ich spreche weder Romanisch noch Portugiesisch. Ich spreche mit den Menschen hier Englisch, soweit das möglich ist.“

„Als ich unsere Küche plante, dachte ich an eine Art Garage – einen zwanglosen Raum, der sich zum Garten hin öffnet. In der Mitte gibt es eine Arbeitsinsel, um die wir oft gemeinsam herumstehen.“

„Fühlen Sie sich manchmal einsam?“

„Wir leben hier tatsächlich sehr abgeschieden, aber ich mag das. Es war eine bewusste Entscheidung, hier in dieser unberührten Landschaft zu leben. Es gibt keine Normierung durch gesellschaftliche Integration. Unser Haus liegt etwa zehn Kilometer vom Ozean entfernt inmitten unzähliger Korkeichen. Es gibt hier nichts als Bäume und ein paar Schafe. Allerdings ist es mit dieser Einsamkeit wahrscheinlich bald vorbei. Portugal wird zum Hotspot. Es kommen immer mehr Ausländer, um sich ein Feriendomizil zu bauen. Vor fünf Jahren war das nächste luxuriöse Ferienhaus gut zehn Kilometer entfernt, aber inzwischen sind es nur noch fünf. Zum Glück haben wir ein großes Grundstück und werden daher immer für uns bleiben.“

„Warum wollten Sie keinen Meerblick – das gilt doch gemeinhin als das Nonplusultra?“

„In unserer Gegend darf man grundsätzlich erst nach einigen Kilometern Entfernung vom Meer bauen, und dahinter versperren Silos, Straßen und Baracken den Blick aufs Meer. Dort, wo unser Haus steht, löst sich die unberührte Landschaft am Horizont in einer unberührten Weite auf. Das ist herrlich.“

„Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, einen Zweitwohnsitz in der Region Alentejo zu bauen?“

„Wir haben überall auf der Welt gesucht – von den Anden bis Indien. Als wir dann vor etwa zwölf Jahren bei Freunden im Alentejo zu Besuch waren, fiel der Groschen, und ich begann bereits voller Eifer damit, unser Haus zu entwerfen, noch bevor wir überhaupt das passende Grundstück dafür besaßen.“

„Ihre Frau ist ebenfalls Architektin. Haben Sie die Villa Além gemeinsam geplant?“

„Während der Planung führten wir endlose Diskussionen. Bei gestalterischen Entscheidungen habe ich in der Regel das letzte Wort und bei unternehmerischen Fragen hat meine Frau meistens die besseren Ideen. So war es auch bei unserem Haus in Portugal.“

„Sie sind ein Perfektionist. Der Schweizer Gerätehersteller V-ZUG ist ebenfalls für seine Detailgenauigkeit bekannt. Sehen Sie da Parallelen?“

„Ich strebe Perfektion sowohl beim Denken als auch bei der Umsetzung an und lege wenig Wert auf Design, das poesiegetrieben ist. Diese Haltung sehe ich auch bei V-ZUG. Die Form eines V-ZUG Geräts ist für mich die Quintessenz eines klaren Denkens. Es sind präzise Maschinen, die in aller Konsequenz und Perfektion hergestellt werden, und nicht einfach nur effekthaschende Designobjekte.“

„Welche Küchengeräte kommen bei Ihnen täglich zum Einsatz?“

„Wir haben unsere Küche mit V-ZUG Geräten ausgestattet, unter anderem mit einem Induktionskochfeld, einem Backofen, einem Geschirrspüler, einem Gefrierschrank und einem Weinschrank.“

„Man merkt, dass Ihnen die Küche sehr wichtig ist. Welche Art von Speisen kochen Sie am liebsten?“

„Am liebsten italienische Gerichte. Aber ich koche auch gerne typische Spezialitäten aus meiner Heimat wie Pizzoccheri und Maluns. Meine Frau kann hingegen Fisch- und Fleischgerichte wesentlich besser zubereiten. Zudem sind ihre Kochkünste – das muss ich eingestehen – generell weitaus ausgefeilter als meine. Übrigens findet man hier in Portugal auf den Märkten und auch bei den Discountern hervorragende Produkte – zum Beispiel wunderbare aromatische Tomaten, Fisch von einzigartiger Frische, tolles Gemüse und natürlich Fleisch vom schwarzen Schwein. So macht das Kochen umso mehr Freude.“

Dieses Interview erschien in der Neuen Zürcher Zeitung vom 19.09.2022.

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