Cosimo Bizzarri (CB): Ihre drei Unternehmen kommen aus sehr unterschiedlichen Bereichen: Haushaltsgeräte, Sanitärkeramik, Messer und Zubehör. Was führt Sie heute hier zusammen?
Martin Baumüller (MB): Wenn man sich unsere drei Unternehmen anschaut, stellt man als Erstes fest, dass es sich um ikonische Marken aus der Schweiz handelt, die ein starkes Erbe haben. V-ZUG ist 112 Jahre alt. Victorinox ist 141. Geberit ist gerade 150 geworden. Wir haben also eine lange gemeinsame Geschichte.
Yvonne Fischer (YF): Auch unsere drei Unternehmen setzen auf Qualität, Präzision und eine Mischung aus Tradition und Innovation. Ich sehe also eine Menge Gemeinsamkeiten, auch wenn die Branchen sehr unterschiedlich sind.
Nathalie Noël (NN): Innovation ist auch etwas, das unsere drei Unternehmen auszeichnet. Was uns motiviert, ist die Tatsache, dass wir ständig auf der Suche nach kundenrelevanten Innovationen sind. Die Schweizer mögen es einfach und klar. Ein weiterer Aspekt, den alle unsere Produkte gemeinsam haben, ist, dass sie immer sehr intuitiv sind.
CB: Was ist das Besondere an dem Unternehmen, für das Sie arbeiten?
NN: Ich bin zu V-ZUG gekommen, weil die Nachhaltigkeitsagenda nicht von Gesetzen oder Vorschriften bestimmt wird, sondern vom Ethos des Unternehmens. Sie haben visionäre Projekte wie den Bau eines Multi-Energiezentrums und einer vertikalen Fabrik an ihrem Hauptsitz in Angriff genommen und dafür gesorgt, dass Ersatzteile für ihre Geräte mindestens 15 Jahre lang verfügbar sind. Ich habe mich in ihre Mission verliebt.
MB: Ich denke, was Geberit zu etwas Besonderem macht, ist das starke Engagement der 11.000 Menschen, die für das Unternehmen arbeiten. Es ist eine Leidenschaft für Innovation, kontinuierliche Verbesserung, die Produkte und das Leben der Kund:innen zu verbessern. Im Unternehmen herrscht ein echter Tatendrang, gepaart mit Erfahrung und Know-How.
YF: Das ist sehr ähnlich, wie ich mich bei Victorinox fühle. Was mich seit meinem Eintritt in das Unternehmen am meisten überrascht hat, ist, dass die Menschen wirklich im Mittelpunkt stehen: Mitarbeiter:innen, Lieferant:innen, Kund:innen. Sie fühlen und atmen die Werte, tagein, tagaus.
CB: Und was ist mit Produkten? Gibt es ein bestimmtes Produkt, das Ihrer Meinung nach Ihr Unternehmen repräsentiert?
YF: Nun, es ist immer noch der Klassiker... Es führt kein Weg daran vorbei: das Swiss Army Knife™. Unser Gründer war ein Messermacher und ein Visionär. Er baute das Produkt so, dass es multifunktional und qualitativ hochwertig sein konnte. Er führte viele Prototyping- und Feedback-Sitzungen mit den Leuten durch und fragte sie, wie sich das Messer anfühlt, wie es sich anhört und so weiter - eine Art nutzerzentrierter Prozess, der auch heute noch sehr relevant ist. In der Vergangenheit war das Swiss Army Knife™ ein tragbares Werkzeug für Soldaten, die damit Dosen öffneten oder etwas zerschnitten.Heute sehen die meisten unserer Kund:innen ganz anders aus als die Soldat:innen von damals, aber wir achten immer noch genau auf sie, um das Produkt zu erneuern. Wie sieht ihr Tag aus? Was sind ihre Herausforderungen? Könnten wir eine Funktion hinzufügen, die ihnen hilft?
NN: Das bekannteste Produkt von V-ZUG ist der Combi-Steamer, der einen Backofen mit einem Steamer kombiniert. Wir haben sehr eng mit den besten Köchen der Schweiz zusammengearbeitet, um ein perfektes Produkt zu entwickeln, das neue Kochgewohnheiten in der Küche definieren kann. Ich denke, dass der Combi-Steamer dazu beigetragen hat, den Innovationspfad des Unternehmens zu definieren und eine Technologie zu entwickeln, die nun auf andere erfolgreiche Produkte wie Waschmaschinen oder Geschirrspüler übertragen werden kann.
MB: Unserer ist der Spülkasten, das ist im Grunde der Tank für die Toilettenspülung. Es ist das erste Produkt, das das Unternehmen Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Markt brachte. Damals war es ein Holzkasten, der an der Wand befestigt war. Unser Gründer erfand es, um die sanitäre Hygiene zu verbessern, da seine drei Töchter an Diphtherie gestorben waren. Später wurde der Spülkasten in der Wand versteckt - der sichtbare Teil ist die Druckplatte mit den beiden Knöpfen, mit denen die Toilettenspülung betätigt wird. Auch heute noch ist der Unterputzspülkasten in Kombination mit einem Keramik-WC-Becken der Renner von Geberit. Es ist witzig: Die Leute schicken mir Bilder davon aus der ganzen Welt. Es ist ein Stück Swissness, das die Leute erkennen.
CB: Apropos Swissness: Ihre Unternehmen haben noch einen weiteren Aspekt gemeinsam. Eine starke Bindung an Ihr lokales Gebiet und kontinuierliche Investitionen in dieses Gebiet. Warum ist das so? Und ist das mit Kosten verbunden?
NN: Der grösste Teil unserer Industrie hat die Produktion ins Ausland verlagert. V-ZUG hat sich dafür entschieden, die Produktion nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Zug, dem Zentrum der Firmengeschichte, zu belassen. Und es geht nicht nur um die Produktion. Die meisten Schlüsselfunktionen des Unternehmens befinden sich am Hauptsitz in Zug, nur wenige Meter voneinander entfernt, anstatt über die ganze Welt verteilt zu sein.
YF: Victorinox hat eine ähnliche Denkweise. Alles muss so nah wie möglich beieinander liegen, damit die Logistik effizient ist und die Qualität während des gesamten Herstellungsprozesses kontrolliert werden kann. In den letzten Jahren haben wir in Seewen, in der Nähe unseres Hauptsitzes, ein brandneues Vertriebszentrum gebaut.
NN: Mit der Herstellung von Qualitätsprodukten an einem solchen Standort bewegen wir uns in einem Segment, in dem die Kund:innen bereit sind, für Premiumprodukte zu zahlen. Aber es ermöglicht uns auch, dass hochqualifizierte Menschen in unseren Fabriken erstaunliche Arbeit leisten. Nehmen Sie das PowerDämpfen. Aufgrund seiner technologischen Komplexität könnte man meinen, dass seine Produktion hoch automatisiert ist. Aber in Wirklichkeit ist es ein Produkt, das viel handwerkliches Geschick erfordert. Heute haben wir nur noch zwölf Hände im Unternehmen, die dieses Produkt zusammenstellen können. Das ist wie die Herstellung einer Schweizer Uhr.